Jordan Chanetsa aus Simbabwe ist Performance-Künstlerin, Schriftstellerin und Aktivistin für LGBTQIA+ Rechte. Als Moderatorin thematisiert sie regelmäßig in Radiosendungen und Podcasts die schwierigen Realitäten der LGBTQIA+ Community in ihrem Heimatland. Von Juni bis Oktober 2022 wird Jordan Chanetsa im Rahmen des Partizipativen Stipendienprogramms gemeinsam mit der ADKDW, DEMASK Kollektiv und Integrationshaus e.V. ein kollaboratives Programm entwickeln, das sich insbesondere an die lokale LGBTQIA+ Community richtet.
Als Trans*-Frau vom afrikanischen Kontinent, insbesondere aus Harare, Simbabwe, hatte ich immer wieder Zweifel daran, was ich in diesem Leben erreichen kann und welche Möglichkeiten mir in der Zukunft zur Verfügung stehen, weil eine Gesellschaft, die unsere Identität nicht als ‚Norm‘ anerkennt, uns offensichtlich Grenzen setzt. Vor allem in unseren Heimatländern werden wir ausgegrenzt, sind jeglicher Form von Gewalt ausgesetzt und werden sehr häufig sogar von unserer Regierung, der Polizei, der Allgemeinheit und sogar von unseren Freunden und Familien getötet. Aufgrund dieser Begrenzungen habe ich mich immer wieder in Situationen wiedergefunden, in denen ich Dinge getan habe, um einfach zu überleben und einen weiteren Tag, eine weitere Woche, einen weiteren Monat zu überstehen. Die Freiheit, sich zu entfalten und zu verwirklichen, ist ein Privileg, wenn man bedenkt, dass das Überleben unsere oberste Priorität ist. Für viele Trans*Personen, die auf dem afrikanischen Kontinent leben, ist die Idee, dafür anerkannt und gefeiert zu werden, wer man ist, eine ferne Realität, und etwas, das wir nur in den sorgfältig kuratierten Räumen finden können, die wir für uns selbst und manchmal für andere schaffen. Es versteht sich von selbst, dass viele unserer Erfahrungen als QT*I*BI*PoCs ähnlich sind, und zwar ungeachtet unserer kulturellen Hintergründe und geografischen Herkunft.
Ich bin sehr dankbar, dass ich am Partizipativen Stipendienprogramm teilnehmen kann, da es mir eine Gelegenheit bietet, wie ich sie bisher noch nie erhalten habe. Ich bin der ADKDW, DEMASK und Integrationshaus e.V. dankbar für die Bereitstellung dieses Programms an Künstler*innen und Kulturaktivist*innen aus allen Teilen der Welt, da es dazu beiträgt, sicherzustellen, dass in einer Gesellschaft, die in der Regel die Stimmen derer in den Mittelpunkt stellt, die im globalen Norden leben und verwurzelt sind, keine Narrative getilgt oder vergessen werden. Dieses Programm trägt auch dazu bei, mehr Sicherheit für QT*I*BI*PoCs aus dem Globalen Süden zu schaffen, damit sie sich auf eine Weise selbst verwirklichen können, die ihnen ohne solche Angebote nicht möglich gewesen wäre. Ich bin auch dem Landschaftsverband Rheinland dankbar, dass er die Förderung für dieses Programm ermöglicht hat, denn finanzielle Mittel sind eines der wichtigsten Dinge, die QT*I*BI*PoCs-Künstler*innen und Kulturaktivist*innen in dem Kontext, in dem ich lebe und wirke, nur selten zur Verfügung stehen. Dieses Programm ist wichtig für mich, weil es die Tatsache verdeutlicht, dass es Räume gibt, die uns offenstehen, die manchmal weit außerhalb der Komfortzonen liegen, die wir für uns selbst geschaffen haben. Es ist auch deshalb wichtig, weil es keine rigiden Beschränkungen und Erwartungshaltungen gibt, die normalerweise mit dem Erhalt von Fördermitteln einhergehen.
Ich werde diese Residency als Chance begreifen, eine andere Welt zu erforschen als die, in der ich bisher gelebt habe, und meine Erfahrungen nutzen, um einige unserer kolonialen Ansichten über Ausdruck und Kreativität zu hinterfragen, insbesondere für jene, die aus Gegenden kommen, in denen sie nicht die Kolonisierenden waren, sondern vielmehr die Kolonisierten, die lernen mussten, sich eine neue Realität anzueignen, um nicht als ‚andersartig‘ zu gelten. Ich werde diese Residency zur Interaktion mit der QT*I*BI*PoCs-Gemeinschaft in Köln und in Harare (Simbabwe) nutzen, um zu einem Brückenschlag zwischen diesen beiden scheinbar weit entfernten geografischen und kulturellen Orten zu verhelfen. Das ‚Andere‘ ist eine Idee, die mich schon seit langem interessiert, und ich bin dankbar, dass mir der Raum und die Ressourcen gegeben werden, um mit anderen zusammenzuarbeiten und möglicherweise etwas zu gestalten, das mehr Licht auf diesen sehr verbreiteten Aspekt der menschlichen Existenz wirft. Ich bin fest entschlossen, dies zu einen historischen Moment für Trans*Personen aus Harare, Simbabwe, zu machen, denn solche Gelegenheiten werden uns nicht oft geboten, und ich habe das Gefühl, dass ich eine Verantwortung dafür trage, sie zu vertreten und das Beste aus dieser Chance zu machen. Ich freue mich auf alles, was diese Erfahrung mit sich bringen wird, denn ich bekomme die Möglichkeit, in einem Umfeld zu arbeiten, in dem ich nicht nur wahrgenommen, sondern auch geschätzt werde. Ich freue mich auch darauf, diese Plattform zu nutzen, um die Chancen für Menschen aus dem globalen Süden zu stärken. Wir verdienen es, gehört und gesehen zu werden, und ich bin dankbar, dass ich das jetzt erfahren darf.