Soft Opening

• Fr 30 10 2020 / 14:00 – 21:00 •
GEISTER, Spuren, Echos: Arbeiten in Schichten


von KATHRIN EBMEIER mit ALE BACHLECHNER, ALICIA GORNY, LAURA HANSEN, ANJA JUNGHANS, GRIT SCHUSTER, KAREN ZIMMERMANN und Frauen der FRAUENINITIATIVE HENRICHSHÜTTE HATTINGEN
kuratiert von EVA BUSCH, MADHUSREE DUTTA

„Keine*r schiebt uns weg – Biz kovulma yiz – Ninguém nos tira daqui.“ Ein Lied, das noch, oder wieder gelernt wird, hallt durch die Schicht Geister. Den Liedzettel hatte die Hattinger Frauen:initiative hinterlassen, Relikt eines Arbeitskampfes in Hattingen 1987, dem größten, den die Stadt gesehen hat. Es ging um den Erhalt des Stahlwerks Henrichshütte, über Generationen wichtigste Arbeitgeberin. „Macht Thyssen uns die Hütte platt, wird Hattingen zur Geisterstadt“ war einer der Sprüche, mit denen die Fraueninitiative auf Demonstrationen in Gespensterkostümen vor den Folgen der Werksschließung warnte.

Die queere Performancekünstlerin und Aktivistin Kathrin Ebmeier, geboren in Hattingen, heute in Köln und Bochum künstlerisch und aktivistisch tätig, hat zusammen mit anderen ein Forum für ein erneutes Zusammenkommen ehemals Beteiligter eröffnet, im Austausch mit der Historikerin Alicia Gorny. Was haben wir miteinander zu tun? Im Wiederbegegnen und neu Kennenlernen ging es um bestärkende, aber auch schmerzhafte Erinnerungen, gebrochene Biografien und die Frage, was bleibt – von einer Zeit der gemeinsamen Politisierung, aber auch der Desillusionierung. Entgegen gängiger Formulierungen wurde deutlich: das Stahlwerk war nicht „unsere Hütte“. Die Schließung folgte Kapitalinteressen, nicht denen der Arbeiter*innen.

Die Fraueninitiative bestand aus Angestellten, deren Angehörigen und Mitkämpfer*innen, für die die Schließung der Hütte existentiell war. Sie traten erstmals mit politischen Aktionen in eine Öffentlichkeit. „...So bin ich dann da reingewachsen im Grunde, so wie ganz viele andere Frauen auch“ die Worte einer Kranfahrerin, sind der Titel einer Audiocollage, die ältere und jüngere Erzählungen der Frauen verwebt. Zuhören wird hier zu intergenerationaler Erinnerungsarbeit.

Ähnliche Formierungen gab es an vielen Produktionsstandorten. Sie standen über Netzwerke in Kontakt, tauschten Wissen über Strategien und Positionen aus und unterstützten einander. Als Teil der künstlerischen Arbeit entstand ein Plakat, das den Kampf der Hattinger Fraueninitiative in diese unfertig aufgearbeitete Historie einfügt: die Rolle von Frauen in betrieblichen Arbeitskämpfen im Ruhrgebiet.

Die performative Strategie der Geisterdemo von 1987 war eine kreative Intervention sowohl in den öffentlichen Raum, als auch in männlich-gewerkschaftlich dominierte Protestformen und erzeugte kurzzeitig große Aufmerksamkeit. 2020 wollten sich die Geister von damals jedoch nicht erneut in Bettlaken hüllen. Die Frauen erschienen als jene, die sie heute sind. In der Ausstellung, die unter künstlerischer Mitarbeit von Ale Bachlechner entstand, ist die Dokumentation dieses Aktionstags in der Hattinger Innenstadt zu sehen. Mitten im Einkaufsgetümmel, an einem der Orte des damaligen Protests, zeigt sich Aktivismus als Hand- und Beziehungsarbeit. Darüber legt sich eine mit Augmented-Reality-Technik umgesetzte Geisterbeschwörung und öffnet sich in das Zukünftigen: „Es wird so gewesen sein.“

14:00 Performance von Kathrin Ebmeier

Nicht genug / not enough
Logistik, also die Verteilung, Lagerung und Zählung von Waren, ist ein elementarer Bestandteil von Produktion. Ob die Ware 'unsichtbares' Wissen ist oder ob es sich um Gegenstände handelt, ist dabei egal. Wie verteilt Kathrin Ebmeier das Wissen ihrer künstlerischen Praxis als Aktivist*in? Diesmal, indem KE Poster eintütet, an (queer-)feministische und andere Knotenpunkte adressiert und zur Post bringt. Logistik ist Handarbeit.

Künstlerisches Konzept und Umsetzung: Kathrin Ebmeier
Künstlerische Mitarbeit: Ale Bachlechner
Wissenschaftliche Recherche: Alicia Gorny
Koordination Henrichshütte/LWL: Anja Junghans
Augmented Reality: Grit Schuster
Gestaltung Poster: Karen Zimmermann
Kamera: Laura Hansen
Ton Interviews 2020: Julia Hübner
Dank an: Medienzentrum Ruhr e.V.

Öffnungszeiten: Fr–So | 14:00–19:00 + Art Cologne: Do–So | 10:00–19:00
Ort: Academyspace, Herwarthstraße 3, 50672 Köln
Freier Eintritt

Wir freuen uns, Sie bald als Besucher*in der Ausstellung Geister, Spuren, Echos: Arbeiten in Schichten begrüßen zu dürfen. Bitte beachten Sie, dass zu Ihrem, unserem und dem Schutz anderer Besucher*innen die Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln und insbesondere das Tragen einer Mund- und Nasenmaske bei einem Besuch verbindlich sind. Bei Fragen können Sie uns unter +49 (0)221 337748 92 kontaktieren.

Hygienemaßnahmen als PDF


In Kooperation mit dem LWL-Industriemuseum – Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur.