• Sa 07 07 2018 / 16:00 •
Global Positioning System not Working
Shahidul Alam & Madhusree Dutta
Im Rahmen des Gallery Walks präsentiert SHAHIDUL ALAM, Fotograf, Autor, Kurator und Aktivist aus Bangladesch und derzeitiger Gast der Akademie der Künste der Welt, seine fotografische Arbeit Crossfire, die im Rahmen der Ausstellung Global Positioning System Not Working gezeigt wird. Er spricht über das Verhältnis von Kunst und Aktivismus und diskutiert gemeinsam mit MADHUSREE DUTTA, Künstlerische Leiterin der Akademie der Künste der Welt, die Möglichkeiten von Kunst, in gesellschaftliche Verhältnisse zu intervenieren.
Das Global Positioning System, besser bekannt unter dem Kürzel GPS, wurde einst vom US-Verteidigungsministerium entwickelt, ist aber längst zum festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Unsere Positionen im Raum sind dabei jedoch immer schon Wegmarken des Verschwindens: In Crossfire von SHAHIDUL ALAM etwa verwandeln sich belebte Straßen in Bangladesch in verlassene Friedhöfe – eine melancholische Stadtlandschaft, in der noch die Schritte des systematischen Polizeiterrors und die Morde der vergangenen Nacht nachhallen, deren Schauplätze der Fotokünstler und Menschenrechtsaktivist aufsucht und dokumentiert. Die Gesichter der ermordeten Menschen, erscheinen gleich darauf mithilfe von RAFAEL LOZANO-HEMMERs Gesichtserkennungskamera wieder, wenn sie unter den Betrachtern nach Doppelgängern vermisster Personen sucht.
Dabei ist das Verschwinden kein in sich abgeschlossener, einmaliger Akt. Weder Menschen noch Orte, weder Beweismittel noch ganze Kulturen verschwinden nur einmal und für immer. Stattdessen geschieht dies stückweise und auf Raten. Dem drohenden Verschwinden treten Versuche des Bewahrens entgegen, und dem Sog des Untergangs sind wiederkehrende Momente des Wieder-Auftauchens eingeschrieben, die einander verdoppeln, überlagern und ergänzen. Gesichter und Gesichtszüge verfolgen uns auch in RAJKAMAL KAHLONs afghanischen Männerporträts, die im Rahmen eines kolonial-anthropologischen Projekts aufgenommen wurden und die durch gefundene Wärmebildaufnahmen des von Amerika geführten Bombenangriffs auf Afghanistan im Jahr 2002 überlagert werden.
Die Worte des im Exil lebenden kaschmirischen Dichters AGHA SHAHID ALI klingen in der einsamen Stimme von Maream Hmadeh wieder, der Mutter des Künstlers AHMAD GHOSSEIN, die während des zehnjährigen Bürgerkriegs im Libanon von ihrem Mann getrennt war und ihm Briefe in Form von besprochenen Tonkassetten schickte. Die Liebesgeschichten von Agha Shahid Ali und Maream Hmadeh verkörpern zugleich die politischen Geschichten ihrer Länder, kondensiert zu persönlichen Erzählungen von Verlust und geisterhafter Liebe, von Sehnsucht und womöglich tragischer Erinnerung. In Köln sind die Narben des Bombenanschlags durch den NSU vom 9. Juni 2004 in der Keupstraße längst nicht verheilt: Das Mahnmal, das der Künstler ULF AMINDE an der Ecke Keupstraße/Schanzenstraße plant, soll nicht nur an den Anschlag, sondern auch an die Jahre der Verleumdung erinnern, die Opfer zu Tätern machten.
Ort: Academyspace, Herwarthstraße 3, 50672 Köln
In englischer Sprache
Freier Eintritt
Das Bundesweite Aktionsbündnis ‚NSU-Komplex auflösen’ besteht seit 2014 aus zahlreichen Initiativen aus ganz Deutschland, die sich mit strukturellen Rassismus, dem NSU-Komplex, Gedenkkultur beschäftigen und sich für Perspektiven von Betroffenen rassistischer Gewalt einsetzen.